Süßen, 5.12.2018 – Allein den richtigen Weg durch den Paragrafendschungel zu finden, fällt Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen schwer. Jetzt haben die Betroffenen mit der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) in Süßen eine neue Anlaufstelle. Das neue Angebot wird vom Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg (LVKM) in Kooperation mit dem Kreisverein Leben mit Behinderung Göppingen getragen. In der hauptamtlichen Beraterin Silke Prandstätter finden Betroffene eine Ansprechpartnerin, die zuhört und gemeinsam mit ihnen den richtigen Weg sucht. Am Mittwoch (5.12.2018) wurde die neue Beratungsstelle mit vielen Gästen aus Politik und Selbsthilfe offiziell eröffnet.
Ein „Drandenkerle“ aus der Kerzenwerkstatt des Kreisverein Leben mit Behinderungen Göppingen e.V
„Die Idee einer Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung passt zu uns.“
Die EUTB unterstützt und berät alle Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohte Menschen und ihre Angehörigen kostenlos in allen Fragen zu Rehabilitation und Teilhabe. Diese Beratung gilt als „Herzstück“ des neuen Bundesteilhabegesetzes. Der Bund fördert den Aufbau eines bundesweiten Netzwerkes von rund 500 Beratungsstellen. Zwei davon gibt es nun im Landkreis Göppingen: eine in Trägerschaft des Vereins Viadukt in Göppingen und die andere in Trägerschaft des LVKM. Im Sommer letzten Jahres kam der LVKM mit der Idee, sich um eine EUTB für den Landkreis Göppingen zu bewerben, auf den Kreisverein Leben mit Behinderung zu, erinnerte dessen Vorsitzende Brigitte Buschhaus-Over in ihrer Begrüßung. „Wir haben uns dafür entschieden, denn wir sind ein Selbsthilfeverein für Famlien mit behinderten Kindern, im Landkreis gut vernetzt und haben ein 100 Prozent barrierefreies Haus.“ Die Erleichterung, dass es nun endlich los geht, ist allen Beteiligten anzusehen. „Die Idee einer ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung passt zu unserem Selbsthilfeverband. Die Selbsthilfe wird gestärkt. Die EUTB ist eine Anlaufstelle für alle, die Fragen zur Umsetzung des Teilhabeanspruches haben“, so LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl. Der wesentliche Kern der EUTB sei das sog. „peer counceling“, das bedeutet, dass Betroffene andere Betroffene beraten. Hier setze man auch auf die Mitglieder des Kreisvereins. Das Wichtigste in der Beratung sei Zuhören und Zeit haben. In Blickrichtung auf die anwesenden Bundesstagsabgeordneten appellierte Pagel-Steidl, dass der Bund vor allem den enormen bürokratischen Aufwand noch reduziere.
„Eine für alle“ - Silke Prandstätter ist die neue hauptamtliche Beraterin in der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) in Süßen.
MdB Baehrens und Färber: „Beratung auf Augenhöhe“ stärken
Die offizielle Eröffnung der EUTB sei ein Grund zum Feiern, so die Göppinger Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Kreisbehindertenrings, Heike Baehrens. „Die Menschen mit Behinderung müssen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um die notwendigen Hilfen zu bekommen. Es geht um die Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe.“ Es lohne sich, darüber nachzudenken, welche Wünsche man habe, wo man wohnen und arbeiten möchte, welche Talente man habe und wie diese gefördert werden können. „Manches ist komplizierter geworden. Daher ist es wichtig, Menschen mit Behinderung beratend zu begleiten. Und es wichtig, dass dass man den Rat nicht nur von denen bekommt, die die Leistungen bezahlen oder anbieten.“ „Menschen mit Behinderungen wollen teilhaben, ihr Leben selbst meistern“, ergänzte der Bundestagsabgeordnete Hermann Färber aus Süßen. „Menschen mit Behinderungen sind auf Hilfe anderer angewiesen. Daher ist es unsere Aufgabe als Politiker, hierbei zu helfen.“ An dem Projekt EUTB sei es vor allem wichtig, den Blickwinkel der Betroffenen einzunehmen. „Die Beratung „auf Augenhöhe“, von Betroffenen für Betroffene, sei etwas ganz Besonderes und sehr wertvoll. Diese Beratung kann der Staat nicht leisten. Da sind wir auf die Gesellschaft und auf Selbsthilfevereine angewiesen.“
Ein Grund zum Feiern ist die Eröffnung der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) in Süßen.
V.l.n.r.: Jutta Pagel-Steidl (LVKM-Geschäftsführerin), Brigitte Buschhaus-Over (Vorsitzende Kreisverein Leben mit Behinderung), MdfB Heike Baehrens, EUTB-Beraterin Silke Prandstätter, Claudia Oswald-Timmler (Kreisbehindertenbeauftragte), MdB Hermann Färber, Angelika Simon-Bergmann (stv. Vorsitzende Kreisverein Leben mit Behinderung), an der Drehorgel Klaus Schäffer
„Gut, dass es die EUTB gibt!“
Froh ist die Kreisbehindertenbeauftragte Claudia Oswald-Timmler, dass es nun im Landkreis Göppingen eine zweite EUTB gibt. „Die unabhängige Beratung und die Peer Beratung ist für Menschen mit Behinderungen einfach wichtig. Man darf nicht über den Kopf der Betroffenen hinweg bestimmen.“ Das sieht auch die hauptamtliche Beraterin Silke Prandstätter so. Als Mutter eines Sohnes mit Behinderung kennt sie viele Sorgen und Nöte aus dem eigenen Familienalltag. „Als Eltern fühlt man sich oft allein. Das direkte Gespräch mit den Betroffenen selbst suchen, sich Zeit nehmen und Zuhören.“ Viele Menschen mit Behinderungen kommen ohne einen ganz konkreten Grund in die Beratungsstelle. Erst im Laufe des Gesprächs finde man oft heraus, ob und welche Hilfe gebraucht werde. „Und es tut den Betroffenen gut, wenn jemand dabei ist bei der Antragstellung oder dem Termin beim Amt.“ Ein weiterer Vorteil sieht Prandstätter in der aufsuchenden Beratung. „Wer nicht selbst mobil ist, findet sonst nur schwer den Weg zur Beratung.“ Als kleines „Drandenkerle“ gab es für alle Gäste eine Kerze mit dem EUTB-Logo aus der Kerzenwerkstatt des Kreisvereins.
Für gute Stimmung bei der Eröffnung sorgte Klaus Schäffer am Leierkasten
INFO
Bundesweit gibt es über 500 Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungsstellen. Alle Standorte und weitere Informationen gibt es unter www.teilhabeberatung.de
Der Weg zur EUTB Süßen:
Silke Prandstätter
Beethovenstraße 48/1
73079 Süßen
Telefon 07162 9470380
E-Mail eutb-suessen@lvkm-bw.de
Termine nach Vereinbarung |