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Landesverband fordert 100 Prozent barrierefreien Wohnungsbau
Trotz Änderungen: ein Schlupfloch bleibt

   17. Juli 2019
Zumeldung
Landtagsdebatte TOP 4 „Zweite Beratung des Gesetzenwurfes der Landesregierung - “Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung“

Stuttgart, 17.07.2019 – Nur barrierefreier Wohnungsbau ist sozialer und nachhaltiger Wohnungsbau. Davon ist der Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg (LVKM) überzeugt. Künftig müssen zwar auch barrierefreie Wohnungen in gemischt genutzten Gebäuden (Wohn- und Geschäftsgebäuden) geschaffen werden. Doch die heute vom Landtag mehrheitlich beschlossene Landesbauordnung (LBO) lässt dennoch ein Schlupfloch offen. „Das ist ein krasser Widerspruch zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, so LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl.

„Der Teufel steckt im Detail. Und gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht“, kritisiert Pagel-Steidl. „Der Haken: eine gesetzliche Aufzugspflicht besteht erst ab fünf Stockwerken (bzw. einer Gebäudehöhe von mehr als 13 m). Wir haben die Sorge, dass Bauherren und Planer sich im Einzelfall rausreden und darauf verweisen, dass der Einbau eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden könne“. Zudem habe man eine pauschale Ausnahme vom barrierefreien Bauen bei Aufstockungen neu ins Gesetz aufgenommen. Bereits heute fehlen weit über 200.000 barrierefreie Wohnungen. Der Bedarf an barrierefreien Wohnungen steige zwischenzeitlich jeden Tag weiter. Pagel-Steidl: „Wir brauchen eine Offensive für 100 Prozent barrierefreien Wohnungsbau. Nehmen wir uns die Schweiz zum Vorbild: Dort müssen alle Wohnungen barrierefrei sein.“

Anlage: Auszug aus der Landesbauordnung Baden-Württemberg

§ 35 LBO Wohnungen

Grundlagen:
Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 16/2693 vom 21.5.2019
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, LT-Drs. 16/6477 vom 12.07.2019

geänderter neuer Text (Stand: 17.07.2019, 10.15 Uhr)

(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch barrierefrei erreichbare Wohnungen in mehreren Geschossen erfullt werden, wenn die gesamte Grundfläche dieser Wohnungen die Grundfläche der Nutzungseinheiten des Erdgeschosses nicht unterschreitet.

In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische barrierefrei nutzbar und mit dem Rollstuhl zugänglich sein.

Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen insbesondere wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können.

Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht bei der Teilung von Wohnungen sowie bei Vorhaben zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegen.

§ 29 LBO Aufzugsanlagen
(i.d.F. vom 5.3.2010, seither unverändert)

 (1) Aufzugsanlagen müssen betriebssicher und brandsicher sein. Sie sind so zu errichten und anzuordnen, dass die Brandweiterleitung ausreichend lange verhindert wird und bei ihrer Benutzung Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.

 (2) Gebäude mit einer Höhe nach § 2 Abs. 4 Satz 2 von mehr als 13 m müssen Aufzüge in ausreichender Zahl haben, von denen einer auch zur Aufnahme von Rollstühlen, Krankentragen und Lasten geeignet sein muss. Zur Aufnahme von Rollstühlen bestimmte Aufzüge müssen von Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können.


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